90% der Arbeitslosen sind arm!

Zuverdienst hält Betroffene über Wasser – Qualifizierungsangebote statt Bestrafung gefordert

Eine klare Absage, die Zuverdienstmöglichkeiten für Arbeitslose einzuschränken oder gar abzuschaffen, wie dies AMS-Chef Johannes Kopf in einem Interview mit den Oberösterreichischen Nachrichten ins Spiel gebracht hatte, erteilt Bernhard Höfler, Gewerkschafter und Vorstandsmitglied der AK Tirol. Er verweist auf die Notwendigkeit einer Zuverdienstmöglichkeit, da ohnehin neun von zehn Arbeitslosen an der Armutsgrenze leben.

Wir brauchen eine aktive Arbeitsmarktpolitik, konjunkturbelebende Maßnahmen, breite Qualifizierungsmaßnahmen und endlich Einkommen, von denen man auch leben kann. Das sind die Handlungsfelder, für die sich AMS-Chef Kopf einsetzen sollte, anstatt Arbeitslose als arbeitsunwillig hinzustellen und mit der Einschränkung der Zuverdienstmöglichkeit weiter in die Armut zu treiben“, fordert Höfler ein sofortiges Umdenken. Kopfs Vorstoß sei „kurzsichtig und wenig durchdacht“. Zudem sei es unangebracht, die „Speerspitze von türkisen und neoliberalen PolitikerInnen als Vorbild zu nehmen und deren arbeitnehmerfeindliche Vorstellungen als AMS-Chef zu übernehmen“. - „Wenn ich schon höre, dass im Herbst eine ‚Neuaufstellung der Arbeitsmarktpolitik‘ unter der Ägide von Kocher und Kopf ansteht, dann kann man das eher schon als gefährliche Drohung werten. Ich hoffe, dass dieser Gipfel nicht ähnlich ‚erfolgreich‘ ist wie das letzte türkise Leuchtturmprojekt Kaufhaus Österreich“, so Höfler. Er betont gleichzeitig: „Es gibt Branchen, die jederzeit Menschen einstellen würden. Angebote oder gar Unterstützungen gibts keine. Das wäre eigentlich die Aufgabe eines AMS-Chefs, anstatt hier Einschnitte anzudenken.“ Ziel müsse schließlich sein, die Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dafür brauche es auch entsprechende individualisierte, betriebsbezogene Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten.

Abgesehen von der menschlichen Komponente kostet jede/r einzelne Arbeitslose den Staat auf lange Sicht wesentlich mehr als jede Qualifizierungsmaßnahme. Auch Fachkräfte werden derzeit händeringend gesucht. Es liegt doch auf der Hand: Bilden wir sie aus und sorgen so für langfristige Beschäftigungsverhältnisse in gut bezahlten Jobs“, so der Gewerkschafter. „Daher sollten wir das Beste aus der Situation machen, vorausschauend handeln und jetzt unsere Fachkräfte von morgen ausbilden. Bekämpfen Sie Arbeitslosigkeit, nicht arbeitslose Menschen Herr Kopf!“, fordert Höfler.

Erst kürzlich hatte eine Studie des SORA-Instituts die prekäre Situation vieler Arbeitsloser mit erschreckenden Zahlen untermauert. Neun von zehn Arbeitslosen in Österreich müssen mit einem monatlichen Einkommen unter 1.200 Euro auskommen. 97 Prozent haben weniger als 1400 Euro netto monatliches Einkommen. Die Armutsgrenze liegt aktuell bei einem monatlichen Einkommen von 1.328 Euro.

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Menschen weiter in Armut zu treiben löst keine Probleme am Arbeitsmarkt

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Abschaffung des Kumulationsprinzips: Saubere Unternehmen zahlen drauf